Lied des Verfolgten im Turm

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Aus Des Knaben Wunderhorn, Alte Deutsche Lieder gesammelt von Achim von Arnim (1781-1831) und Clemens von Brentano (1778-1842)
Set by Gustav Mahler (1860-1911) 1888/89




Der Gefangene:
 Die Gedanken sind frei,
 Wer kann sie erraten?
 Sie rauschen vorbei
 Wie nächtliche Schatten.
 Kein Mensch kann sie wissen,
 Kein Jäger sie schießen;
 Es bleibet dabei,
 Die Gedanken sind frei.

Das Mädchen:
 Im Sommer ist gut lustig sein 
 Auf hohen wilden Heiden,
 Dort findet man grün Plätzelein,
 Mein herzverliebtes Schätzelein,
 Von dir mag ich nit scheiden. 

Der Gefangene:
 Und sperrt man mich ein
 Im finstern Kerker,
 Dies alles sind nur
 Vergebliche Werke;
 Denn meine Gedanken
 Zerreißen die Schranken
 Und Mauern entzwei,
 Die Gedanken sind frei.

Das Mädchen:
 Im Sommer ist gut lustig sein
 Auf hohen wilden Bergen;
 Man ist da ewig ganz allein,
 Man hört da gar kein Kindergeschrei,
 Die Luft mag einem da werden.

Der Gefangene:
 So sei es, wie es will,
 Und wenn es sich schicket,
 Nur alles in der Still;
 [Und was mich erquicket,]
 Mein Wunsch und Begehren
 Niemand kann's [mir] wehren;
 Es bleibet dabei,
 Die Gedanken sind frei.

Das Mädchen:
 Mein Schatz, du singst so fröhlich hier
 Wie's Vögelein in dem Grase;
 Ich steh so traurig bei Kerkertür,
 Wär ich doch tot, wär ich bei dir,
 Ach, muß ich denn immer klagen. 

Der Gefangene:
 Und weil du so klagst,
 Der Lieb ich entsage,
 Und ist es gewagt,
 So kann mich nicht plagen
 So kann ich im Herzen
 Stets lachen, bald scherzen;
 Es bleibet dabei, 
 Die Gedanken sind frei.


[..]: not set by Mahler
Input by: Jakob Kellner
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